Ladehemmung / Zuführproblem in der SIG P210 im Kaliber 7.65 Para
Hans-Peter Kobelt, Mitglied VSMS
Problem:
Praktisch bei allen P210er im Kaliber 7.65 Para gibt’s ein ärgerliches Ladeproblem bzw ein ärgerliches Zuführproblem mit wiedergeladenen Patronen, unabhängig vom verwendeten Geschoss.
Konkret heisst das, der Schlitten schliesst sich nicht ganz, es fehlen jeweils nur ungefähr 3-5 mm. Üblicherweise reicht dann ein kleiner ‚Schuppser‘ mit dem linken Handballen, um die Pistole ganz zu schliessen und zu verriegeln.
Die ist bei dieser ansonsten sehr zuverlässigen Waffe doch ein erstaunlicher Effekt, denn mit der originalen Thuner Ordonanz Munition funktioniert die Waffe jederzeit einwandfrei.
Feststellung 1:
Das sich die Waffe mit dem oben erwähnten ‚Schuppser‘ meistens ganz schliessen lässt, bedeutet also, dass die Patrone ins Patronenlager passt, und dass es sich also um irgend eine Kleinigkeit handelt.
Feststellung 2:
Wiederum stellte ich fest, dass dieses Problem bei den meisten P210 vorhanden ist; Die Tatsache, dass nur wenige Schützen diese Patrone selber laden, erklärt, dass dieses Problem nicht mehr bekannt ist, bzw. viele Schützen das gleich Problem hätten, wenn sie dann eben selber laden würden.
Feststellung 3:
Alle Schweizer Parabellum Pistolen, nun ja, wenigstens die paar die wir testen konnten, verdauen aber diese Patronen ohne jegliches Problem.
Hier gehen wir diesem Effekt mal etwas genauer nach.
Schauen wir uns mal folgende Bilder etwas genauer an:
1. Thuner Fabrikpatrone 2. abgeschossene Hülse, Waffe SIG P210-6 3. Kalibrierte Hülse, mit RCBS FL Matritze Nr. 1 4. Kalibrierte Hülse, mit RCBS FL Matritze Nr. 2 5. Wiedergeladene Patrone>> Zuführproblem mit SIG P210-6 |
Betrachtet man die Hülsenhalspartie etwas genauer, sieht man ganz deutlich, dass die Originale Thuner Patrone (1) einen deutlich längeren zylindrischen Teil aufweist als die abgeschossene Hülse (2) und die beiden voll kalibrierten Hülsen (3 & 4) und die wiedergeladene Patrone (5).
Auch sieht man den deutlichen Unterschied im Schulterwinkel zwischen der Fabrikpatrone (1) und der abgeschossenen Hülse (2): Das Patronenlager erlaubt also offensichtlich die Streckung dieser Hülsenpartie, bzw. eine deutliche Verlagerung der Schulter.
Ein Blick auf die Skizze mit den Dimensionen bestätigt die Soll Länge von 3.87mm |
Im weiteren kann dann festgestellt werden, dass nicht mal die ‚Full Length‘ Kalibriermatrize diesen Hals ‚zurück kalibrieren‘ kann.
Ich habe bei diesem Test zwei RCBS Matrizen verwendet, eine ganz alte und eine ganz neue, siehe Hülsen Nr. 3 und 4.
Ein Begutachtung der kalibrierten Hülsen zeigten deutlich, dass beide Matrizen den Schulterwinkel weder berühren noch ‚zurück formen‘.
Lösungsansatz, Version ‚radikal‘
Erster Gedanke war, nicht nur von mir, dass man den Hülsenhals beim innenkalibrieren, was ja beim rückziehen der Hülsen aus der Matrize passiert, dass man eben dann den Hülsenhals ’streckt‘.
Diese Theorie habe ich widerlegen können, durch das weglassen dieser Operation, d.h. ich habe die, notabene sehr stabilen RUAG Ordonanz Geschosse auf nicht innenkalibrierte Hülsen gesetzt; Resultat: Auch diese haben nicht funktioniert.
Zweiter Gedanke was dann, die Hülsen tiefer zu kalibrieren.
Wie aus den beiden folgenden Fotos zu sehen ist, habe ich mal den billigsten Teil meiner Werkzeuge, nämlich den Hülsenhalter um 1,2mm abgedreht.
Danach folgte das Laden von 30 Patronen, natürlich so tief kalibriert, dass der Hülsenhalter die Matrize berührt, so wie üblich !
Hier das ‚optische‘ Resultat
1. Thuner Fabrikpatrone
2. wiedergeladene Patrone ‚alt‘
3. wiedergeladene Patrone ’neu‘
Deutlich zu erkennen ist nun, der deutlich längere zylindrische Hals bei der Patrone 3, eigentlich fast identisch zur Originalpatrone 1.
Test auf dem Schiessstand bzw Fazit: Auf dem Schiessstand war die Waffe mit den neu geladenen Patronen nicht mehr wieder zu erkennen; Auch mit der provozierenden ‚Veteranen Parabellum Haltung‘ mit angezogenem Ellbogen repetierte und schloss die Waffe zu 100%.