
Das Wiederladen der Revolver-Ordonnanzpatrone 1882
Bericht von Gunter Schmidtke August 2015
Wiederladen für den Schweizer Ordonanzrevolver

der Bericht aus dem SWM als PDF > hier
Wer hat nicht schon mal einen davon gesehen und wollte nicht damit schiessen? Die Rede ist vom guten alten Schweizer Ordonanzrevolver Modell 1882/1929. Die Preise für dieses kleine Meisterwerk der Technik sind günstig wie nie zuvor, dass Schiessen also eigentlich erschwinglich. Bliebe noch das Problem mit dem Treibstoff. Die Ordonanzmunition ist für häufiges schiessen keine Option, die Nitromunition von Fiocchi ist eigentlich zu teuer wenn man öfter mal schiessen will, und für die frühen Versionen des Revolvers, mit der dünnen Rahmenbrücke, auch nicht geeignet. Letzteres gilt auch für die Patrone 32 S&W long.
Hier will ich ein Paar Tipps geben wie man günstig Munition für den Schweizer Ordonanzrevolver selben laden kann. Ich habe ausschliesslich die in Abbildung 1 dargestellten Hülsen vom Kaliber 32-20 Win (auch 32 winchester center fire, kurz 32 WCF genannt) verwendet. Die sind relativ günstig und überall zu bekommen. Dafür braucht man einen passenden Hülsenhalter. Als Matrizen kam der dreiteilige Satz im Kaliber 32 S&W long zum Einsatz und eine Universalausstossermatrize. Die Matrizen für 32 S&W long sind nicht nur viel günstiger als die für 7,5 Swiss, man hat auch eine gute Chance mal eine auf dem Gebrauchtmarkt zu ergattern oder eine beim Vereinskollegen ausleihen zu können.
Es wurden drei verschiedene Pulversorten verglichen. Hodgdon HP38 als Nitropulver, Schweizer Nummer 1 als Schwarzpulver sowie Hodgdon 777 als Schwarzpulversubstitut. Für das Nitropulver verwendete ich CCI small pistol Zündhütchen, für das Schwarzpulver und Hodgdon 777 die CCI small pistol magnum Zündhütchen.
An Geschossen steht uns glücklicherweise die ganze Palette an Geschossen Kaliber 32 zur Verfügung. Aus praktischen Gründen beschränkte ich mich auf Gewichte zwischen 86 grs und 100 grs (1 grs = 0.0648 Gramm). Ich habe die in Abbildung 2 zu sehenden Geschosse verwendet. Die reinen Bleigeschosse wurden mit blue –lube gefettet. Die Geschosse mit der Teflonbeschichtung brauchen nicht gefettet zu werden
X: Haendler und Naterman 100 grs cal .314 Wadcutter Hohlboden (WC HB), Teflon beschichtet
X: ist nur für Nitroladungen geeignet. Es darf wegen des Hohlbodens nicht für Schwarzpulver oder Hodgdon 777 verwendet werden.
A: Hornady 90 grs cal .314 Semiwadcutter (SWC) gefettet
B: S+E Geschoss 100 grs cal.314 WC, gefettet
C: Haendler und Naterman 86 grs cal .311 Kegelstumpf, gefettet
D: Haendler und Naterman 86 grs cal .311 Wadcutter , Teflon beschichtet
E: 86grs cal .314 Rundkopfgeschoss abgeflacht, gefettet
Die Hülse 32 WCF hat fast die gleichen Bodenmasse wie die 7,5 Schweizer Revolver ist aber länger und hat eine Schulter. Wenn man versucht die Hülse ohne Änderung in die Trommel zu bekommen geht es nicht. Aber wenn man die Schulter der Hülse nur 3 mm zurücksetzt, (mit der Matrize 1 cal. 32 S&W long) passt Sie. Ich setze die Schulter aber noch weiter zurück, bis ca. 12 mm über den Stossboden, da die Hülse dann noch weit genug in die Matrize 3 passt um ein Wadcuttergeschoss tief genug zu setzen. Also Matrize 1 nehmen, die Ausstosserspindel rausschrauben und Hülsenschulter bis auf ca. 12 mm über den Stossboden zurückdrücken und fertig. Die Matrize darf nicht, wie sonst üblich, bis zum Anschlag an den Hülsenhalter eingeschraubt werden, sonst werden die Hülsen zu schlank und bauchen beim schiessen auf. Verwendet man Wadcuttergeschosse ist dass alles an Hülsenbearbeitung.
Verwendet man aber Geschosse die vorne aus der Hülse herausschauen, würden die Patronen zu lang werden. Deshalb muss man die Hülsen kürzen. Ich habe dies ganz einfach mit einem Rohrschneider für ein Paar Franken aus dem Baumarkt erledigt. Danach Hülsen genau vermessen, gegebenenfalls auf gleiche Länge trimmen entgraten und fertig. Um 100 Hülsen zu kürzen brauchte ich so etwa 1,5 Stunden. Danach die Hülsen mit Primern versehen. Um einen Vergleich zwischen Nitropulver, Schwarzpulver und Hodgdon 777 zu haben musste also mindestens eine Nitrolaborierung gemacht werden. Ich entschied mich quasi für eine Kopie einer 32 S&W long Ladung in einer 32WCF Hülse. Alle Ladedaten sind ohne Gewähr. Jeder Wiederlader handelt eigenverantwortlich!
Laborierung 1:
Geschoss X: 100grs WCHB von H&N .314, smal pistol primer, Pulver: 2,4 grs Hodgdon HP38 (zum Vergleich eine 38 special mit 158 grs Geschoss erhält 3,4 grs HP38, eine 357 Magnum mit 158 grs Geschoss 6,8 grs HP38). Falls man beim Laden nicht sehr gut aufpasst und eine Doppelladung (4,8 grs) fabriziert hält dass sicher kein Revolver aus. Theoretisch passen ca. 10 grs in die Patrone was für eine 44 Magnum reichen würde.
Um Ladungen mit Hogdon 777 herzustellen soll man laut Hersteller das gleiche Volumen (nicht Gewicht) an 777 wie an Schwarzpulver verwenden. Also mussten erst mal Schwarpulverladungen getestet werden.
Laborierung 2:
Geschoss A: 90 grs SWC von Hornady .314, smal pistol magnum primer, Pulver: 10grs Schweizer Schwarzpulver Nummer 1. In gekürzter Hülse.
Laborierung 3:
Geschoss B: 100 grs WC von S+E .314, smal pistol magnum primer, Pulver: 10 grs Schweizer Schwarzpulver Nummer 1.
Laborierung 4:
Geschoss C: 86 grs KS von H&N.311, smal pistol magnum primer, Pulver: 11 grs Schweizer Schwarzpulver Nummer 1. In gekürzter Hülse.
Laborierung 5:
Geschoss D: 86 grs WC von H&N .311, smal pistol magnum primer, Pulver: 11grs Schweizer Schwarzpulver Nummer 1. Einige der Patronen sind in Abbildung 3 zu sehen. Nachdem diese Tests zufriedenstellend verliefen wurde das Schwarzpulver durch Hodgdon 777 ersetzt. Die Angaben des Herstellers nur bestimmte Zwischenmittel (kein Filz)zu verwenden und keine Luft zwischen Pulver und Geschoss zu lassen erfolgen sicher nicht ohne Grund. Mann soll das gleiche Volumen (nicht Gewicht) an 777 wie an Schwarzpulver verwenden. Da ich die Hülse immer bis zur Setztiefe des Geschosses mit Schwarzpulver gefüllt habe ( Füllgrad 1 oder 100 %) tat ich dies auch mit dem 777. Ich habe einmal das Volumen bestimmt und dann die Charge gewogen. Die folgenden Ladedaten beziehen sich also auf Masse an Pulver in grain und nicht auf das Volumen dass die gleiche Menge an Schwarzpulver einnimmt. Da wohl jeder die Hülsen etwas anders kürzt und/oder die Schulter mehr oder weniger weit zurücksetzt, stimmen die folgenden Gewichtsangaben nur für meine Patronen. Das genaue Innenvolumen( an grain in Schwarzpulver) der eigenen Hülse bis zum Geschossboden muss also jeder selbst bestimmen.
Laborierung 6:
Geschoss A: 90 grs SWC von Hornady .314, smal pistol magnum primer, Pulver: 6 grs Hodgdon 777. In gekürzter Hülse.
Laborierung 7:
Geschoss B: 100 grs WC von S+E .314, smal pistol magnum primer, Pulver: 8,2 grs Hodgdon 777.
Laborierung 8:
Geschoss C: 86 grs KS von H&N.311, smal pistol magnum primer, Pulver: 7 grs Hodgdon 777. In gekürzter Hülse.
Laborierung 9:
Geschoss D: 86 grs WC von H&N .311, smal pistol magnum primer, Pulver: 8,2 grs Hodgdon 777.
Laborierung 10:
Geschoss E: 86 grs RK gefettet.314, smal pistol magnum primer, Pulver: 6 grs Hodgdon 777.
Da keine Ransom-Rest zur Verfügung stand wurde sitzend mit aufgestützten Ellenbogen geschossen. Verschiebt man die Trefferbilder optimal zum Scheibenmittelpunkt und zählt die geschossenen Ringe erhält man die in Tabelle 1 dargestellten Ergebnisse.
Laborierung | Geschoss | Ladung | Anzahl 10 | Anzahl 9 | Anzahl 8 |
1 | 100 grs WCHB | 2,4 grs HP38 | 10 | 1 | 1 |
2 | 90 grs SWC | 6 grs CH1 | 8 | 1 | |
3 | 100 grs WC | 8,2 grs CH1 | 6 | 4 | 2 |
4 | 86 grs KS | 7 grs CH1 | 8 | 3 | 1 |
5 | 86 grs WC | 8,2 grs CH1 | 9 | 3 | |
6 | 90 grs SWC | 11 grs 777 | 11 | 1 | |
7 | 100 grs WC | 10 grs 777 | 11 | 1 | |
8 | 86 grs KS | 11 grs 777 | 7 | 5 | |
9 | 86 grs WC | 11 grs 777 | 3 | 3 | |
10 | 86 grs RK | 6 grs 777 | 12 | ||
11 | original | 4 | 2 |
Laut Häuslers Buch lag die 100% Streuung des Revolvers auf 30m bei 13 cm, (leider ohne Angabe der Schusszahl oder der Testbedingungen). Keine der getesteten Laborierungen war deutlich schlechter. Sieht man von der klar (zufällig?) am besten schiessenden Laborierung 10 ab, hat keine der Laborierungen einen klaren Vorteil in der Präzision. Die dickeren Geschosse (.314) schneiden jedoch besser ab als die dünneren (.311), was im Einklang mit der Theorie steht, dass der Geschossdurchmesser 0.001 inch grösser sein soll als der Laufdurchmesser. Oft sind es aber nur ein oder zwei Schüsse die das Trefferbild verderben, da sie klar ausserhalb der Garbe der restlichen Schüsse liegen.
Nach dem Schiessen kommt das wieder aufarbeiten der Hülsen für den nächsten Ladevorgang. Ich stosse immer zuerst die Zündhütchen aus. Die mit Nitropulver geladenen Hülsen waren so sauber dass eine Reinigung nicht nötig gewesen wäre. Hodgdon empfiehlt bei der Verwendung von Hodgdon 777 die Reinigung mit verdünnter Essigsäure. Die Hülsen waren nach 20 Minuten in 1:5 verdünntem Speiseessig sauber genug zum wiederladen. Danach noch zweimal mit Wasser spülen und einmal mit destilliertem Wasser (das was die beste Ehefrau von allen im Dampfbügeleisen verwendet), danach trocknen (entweder im Backofen bei 40°C oder über ein bis zwei Tage bei Raumtemperatur), so gibt es keine Wasserflecke. Grosse Mühe bereiten die Hülsen mit Schwarzpulver. Der dicken Kruste rückt man am besten gleich nach dem schiessen auf den Leib. Auch hier mit 1:5 verdünnter Essigsäure, aber diesmal für zwei Stunden im Ultraschallbad (gibt es in der Migros für einen niedrigen zweistelligen Frankenbetrag), mit Säurewechsel nach einer Stunde. Ultraschallbad und / oder den Tumbler mit Nussschalengranulat kann man natürlich auch immer nehmen. Wer die Kosten für die Anschaffung dieser Geräte scheut und eine verständnisvolle Frau hat, entfernt am besten gleich nach dem schiessen die Zündhütchen mit der Universalausstossermatrize (so kommt kein Dreck in die Kalibriermatrize, die man auch verwenden könnte, aber nicht bei den umgeformten 32WCF Hülsen) befördert die Hülsen in einen Stoffsack, gut zubinden, und lässt sie mit der Wäsche mit waschen. Nach dem waschen (nicht schleudern) noch mit destilliertem Wasser spülen, trocknen und fertig ist das Wiederladergold. Danach fängt der Spass von vorne an.
Zusammenfassend kann man sagen: Umgeformte 32WCF Hülsen mit Nitroladung und Wadcuttergeschossen machen die wenigste Arbeit( kein kürzen der Hülsen, kaum Verschmutzungen an Waffe oder Hülsen), sind am kostengünstigsten (eine 500g Dose reicht länger wenn man nur 2,4 grs statt 10 grs oder 8 grs laden muss) und schiessen gut. Es lassen sich auch alle Geschosse mit Hohlboden verwenden. Die Nachteile sind, das nicht alle Revolver für Nitroladungen geeignet sind, nicht alle Scheibenwarte Wadcuttergeschosse mögen (teilweise mit Bann belegen) und es kein echtes Schwarzpulvergefühl gibt. Dass man beim Abfüllen des Pulvers extrem konzentriert arbeiten muss um Doppelladungen zu vermeiden sei noch einmal erwähnt. Echtes Schwarzpulver verbreitet klar die beste Atmosphäre, hat aber grosse Nachteile. Die Hohlbodengeschosse sind tabu. Die Verschmutzung an Waffe und Hülsen (auch an den Händen beim schiessen) sind enorm, und führen zur Korrosion, falls Sie nicht umgehend entfernt werden. Spätestens nachdem man die zweite Trommelfüllung in Richtung Scheibe auf die Reise geschickt hat sollte der Lauf und die Patronenkammern mit Vfg-Filz gereinigt werden, wenn man auf präzises schiessen aus ist. Mein Favorit ist klar Hodgdon 777. Der Schwarzpulverersatz hat nicht nur die Beste Laborierung hervorgebracht, er scheint die Vorteile von Schwarz-und Nitropulver zu vereinen und kaum einen Nachteil mit zu bringen, sieht von der eingeschränkten Geschosswahl (auch hier keine Hohlbodengeschosse) ab. Die Präzision ist gut. Es gibt zwar nicht ganz so viel Rauch wie bei richtigem Schwarzpulver, aber noch genug. Der sanfte Rückstoss gibt ein tolles Gefühl. Ich werde für meinen Armeerevolver wohl nur noch Hodgdon 777 verwenden.

Abbildung 1: von links: Originale Hülse 32WCF, Hülse 32 WCF mit zurückgesetzter Schulter, die gleiche Hülse nach Verschuss, gekürzte Hülse 32-20 nach Calibrierung und nach Verschuss, Hülse der originalen Patrone.

Abbildung 2: Verwendete Geschosse von links nach rechts: X: Haendler und Naterman 100 grs cal .314 Wadcutter Hohlboden (WC HB), Teflon beschichtet aus dem Kugelfang und neu; A: Hornady 90 grs cal .314 Semiwadcutter (SWC) gefettet; B: S+E Geschoss 100 grs cal.314 WC, gefettet; C: Haendler und Naterman 86 grs cal .311 Kegelstumpf, gefettet; D: Haendler und Naterman 86 grs cal .311 Wadcutter , Teflon beschichtet; E: 86grs cal .314 Rundkopfgeschoss abgeflacht, gefettet und Geschoss der originalen Patrone 108 grs cal .313 oben bzw. 302 am Absatz (heel).

Abbildung 3: einige der verwendeten Patronen; Originale Patrone 7,5 mm Schweizer Ordonanzrevolver, Hülse 32 WCF mit Wadcutter-geschoss B, gekürzte Hülsen mit den Geschossen C, A und E sowie einer nicht verwendeten Patrone 32 S&W long zum Vergleich.

Abbildung 4: Trefferbilder von Laborierung 1 und der originalen Patrone (Laborierung 11) auf der schwarzen Duellscheibe, sowie Laborierung 10, der Besten im Test, auf der PP10 Scheibe



Hier wird auch beschrieben, wie man aus 7.65 Para Hülsen die 7.5 Swiss Revolver Hülsen formt.
